Buchbesprechung zu:

 

Drohnen bei der Jagd

Fluch oder Segen?

Drohnen und die Jagdethik: Wenn Technologie und Waidgerechtigkeit aufeinandertreffen!

 

Alexander Mohr

CopterPro 2024

 

Der Einsatz von Drohnen nimmt immer mehr zu. Einzelne Firmen sind entstanden, die sich darauf spezialisiert haben, so auch CopterPro, deren Begründer Alexander Mohr dieses Buch verfasst hat. Ein Buch mit dem fast provokativen Titel „Drohnenjagd“, in den erst bei genauerem Hinsehen zwei kleine Wörtchen, nämlich Drohnen „bei der“ Jagd, eingearbeitet sind. Dazu kommen zwei Untertitel. Wenn man das Buch gelesen hat, versteht man eher, warum dem so ist. Doch dazu mehr am Schluss.

Als jemand, der zwar seit 2017 mit Drohnen bei der Jagd umgeht – ohne von der Technologie der Drohnen etwas zu verstehen -, hat mich das Buch von Anfang an angesprochen. Als mich dann noch jemand aus dem ÖJV darauf ansprach und mich bat, doch ein Besprechungsexemplar anzufordern, war klar, dass ich selbst eine Besprechung schreiben würde.

Das Buch bekam ich dann auf der Messe „Hohe Jagd“ in Salzburg 2024 vom Verfasser persönlich. Ein kurzes Gespräch, eine gute Begegnung. Bis dahin kannte ich Alexander Mohr nur über Filme zur Kitzrettung. Diese Videos fand ich durchaus interessant. Alexander Mohr ist der Begründer von CopterPro, einer Firma, die Drohnen verkauft und die Schulung an Drohnen vermittelt. Ohne Zweifel ist er als Hubschrauberpilot und als drohnentechnisch versierter Fachmann dazu auch sehr gut in der Lage.

Beim Lesen war ich zunächst überrascht, weil Dutzende Seiten lang über die Rechtfertigung des Drohneneinsatzes geschrieben wurde. Irgendwie scheint ein Unbehagen dieser Technik gegenüber in der Luft zu liegen, mit der der Verfasser ringt, ein Unbehagen, das ich persönlich so weder empfinde, noch teile.

Mohr macht immer wieder deutlich, dass sich Entwicklung grundsätzlich und im Speziellen auch bei der Jagd durchsetzen und schließlich unumkehrbar sind. Wärmebildkameras neben dem Fernglas, Rotpunktvisiere statt Kimme und Korn, weitreichende und hoch präzise Jagdgewehre statt Pfeil und Bogen. Das jüngste Gewächs sind Drohnen mit Wärmebild- und optischen Kameras.

Drohnen mit entsprechenden Kameras ermöglichen es, Wild leichter zu sehen und anzusprechen, und das vor allem aus einer gewissen Distanz. Damit kann man ohne die übliche Beunruhigung, z.B. durch Herumfahren und Herumlaufen, große Teile des Revieres relativ störungsarm abzusuchen. Da man mit dem Wärmebild über hunderte Meter hinweg Wild erkennen und mit der optischen Kamera aus 80 – 100 m Höhe (mit Hilfe des Zooms) auch ansprechen kann, fällt ein großer Beunruhigungspunkt weg. Und dann kann man auch viel gezielter jagen, etwa, indem man die Rapsfelder oder Maisschläge vor einer Jagd absucht: das spart Zeit und erspart Frust, wenn man stundenlang vergebens am Rande von Maisfeldern auf Schwarzwild gewartet hat. Und die Hunde können dann dort, wo wirklich etwas drinnen ist, umso ausgeruhter und gezielter ihre Arbeit machen. Dazu lässt sich bereits vor der Jagd feststellen, welches Wild und welche Wildgröße im Treiben ist. Frischlinge, Überläufer und alte Bachen – das Buch bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Schwarzwildjagd - lassen sich deutlich unterscheiden. Damit kann man sich bewusster auf das einstellen, was aus dem Raps- oder Maisfeld herauskommt, Fehlabschüsse werden dadurch eher vermieden.  

Natürlich ist die Kitzrettung im Feld ein ganz zentrales Thema, wesentlich aus Gründen der Ethik, sprich der Waidgerechtigkeit, die Alexander Mohr sehr wichtig ist und deshalb immer wieder betont wird. In Zusammenarbeit mit den Landwirten wird so Tierleid verhindert. Keine andere Rettungsmethode hat eine derartige Effizienz. Wenn man die entsprechende „Mission“, das Absuchen ganz konkreter Felder im Voraus eingegeben und gespeichert hat, fliegt die Drohne weitgehend automatisch. Damit lassen sich bis zu 40 Hektar pro Stunde absuchen. Moderne Drohnen können dabei auch tagsüber eingesetzt werden, weil sie über hochsensible Temperaturmesseinrichtungen verfügen.

Des Weiteren sind Drohnen bei der Nachsuche eine große Hilfe, denn tags und nachts lässt sich im Feldbereich erlegtes oder angeschossenes Wild sehr leicht finden. Ist die abends beschossene Sau im Rapsfeld bereits tot, kann man sie bergen und das wertvolle Wildbret sichern? Ist sie angeschossen, lassen sich Rückschlüsse zum Standort des Wildes und auf seine Verletzung ziehen, die dann wichtige Informationen für die Nachsuche am nächsten Tag liefern. Dermaßen vorinformiert lassen sich z.B. auch Verletzungen unserer Hunde oder die Gefährdung der Nachsuchenführer selbst verringern. Nachsuchen bei Wildunfällen mit ihrer besonderen Gefährdungslage durch den Verkehr werden entschärft. Und schließlich kann man mit Drohnen auch Wildschäden abschätzen.

Mohr unterscheidet neben der „Felderjagd“ den Einsatz im Wald. In Letzterem geht es ihm vor allem darum zu schauen, wo überhaupt bejagbares Wild, im Wesentlichen wohl Sauen, steht. Dort kann man dann gezielt mit einer kleinen beweglichen Gruppe jagen. Das alles, ohne die intensiven Vorbereitungen für eine große Drückjagd, die vielleicht deshalb erfolglos ist, weil das Wild einfach an diesem Tag nicht in dem Bereich liegt, und ohne damit weite Bereiche des Waldes letztlich völlig unnötig zu beunruhigen. Ob das in belaubtem Zustand wirklich so einfach möglich ist, bleibt für mich zumindest ein Stück weit offen.

Mit Drohnen kann man selbstverständlich auch Wild zählen, und zwar wesentlich einfacher und besser als mit bisherigen Methoden. Mohr geht soweit, anhand seiner Wildzählung den Abschuss festzulegen.

Alexander Mohr erläutert die derzeitigen technischen Möglichkeiten, wo mit speziellen Wärmesensoren auch tagsüber und bei Sonne das Finden von Kitzen möglich ist, beschreibt begeistert die Zoomqualitäten moderner optischer Kameras, die das Ansprechen erleichtern, so dass man weiß, welches Wild zu erwarten ist. Er berichtet, dass moderne Akkus 45 Minuten halten und so die Effizienz enorm gesteigert wird, dass die Drohnen immer leiser werden und „Missionen“ gespeichert werden können und dann beim Ersteinsatz und in den nächsten Jahren fast vollautomatisch ablaufen. Selbst der Einsatz von Lautsprechern, z.B. zum Einweisen bei der Kitzsuche, und Scheinwerfer, z.B. bei der Nachsuche nachts, werden behandelt. Und Mohr nimmt auch dem Laien die Angst vor irgendwelchen unkalkulierbaren Eskapaden der Drohne, die in der Anfangszeit durchaus vorgekommen sind. Die Drohnentechnik ist inzwischen so weit gediehen, dass nach entsprechender Einweisung das Fliegen einer Drohne sehr sicher ist und diese notfalls, wenn z.B. die Akkus zu Ende gehen, automatisch zum Startpunkt zurückkommen.

Man spürt dem Buch an, dass der Verfasser viel Erfahrung und Fachkenntnis im Umgang mit Drohnen hat. Dem ist ohne Zweifel so. Allerdings habe ich mich an den vielen, sehr vielen Wiederholungen gestört. Eine etwas strukturiertere Darstellung würde dem Buch guttun.

Und dann war für mich die dabei zum Vorschein kommende Jagd selbst an vielen Stellen fragwürdig, bzw. widersprüchlich:

Ziel sei ein hoher Wildbestand bei „nachhaltiger“ Jagd, tagaktives Wild, Verbesserung der „Rottenstruktur“ (erinnert mich an das Lüneburger Modell!?), Synchronisierung der Rauschzeit durch die Leitbache, …

„Respekt“ vor dem Wild, „Ehre“ gegenüber dem Wild, „Ruhe“ für das Wild, Akzeptanz gewisser Schäden im Feld, dem Wild „eine faire Chance“ geben, „Demut“ vor dem Tier, „Waidgerechtigkeit“ als oberste Richtschnur, „Ethik“ als Maßstab, … alles schön und gut. Aber auffällig ist die Einseitigkeit, dass auf den ersten 50 Seiten nur das Wild als Bezugspunkt auftaucht, dann kommt einmal das Sichtwort „Natur“. Der „Wald“ – an einer Stelle wird schließlich sogar das Forstliche Gutachten kurz genannt – der Wald (immerhin mehrere hundert Hektar im Revier) sei im Gegensatz zum Feld, wo man irgendwann doch etwas gegen die Schäden machen müsse, schlichtweg der Ruheraum des Wildes (300 ha Wald als Wildruhezone, wo „überhaupt nicht gejagt wird“). Klimakrise, Waldschäden, Verbissschäden, zusammenbrechend Wälder kommen nicht vor. Wie passt das zusammen? … Da bleibt vieles offen. Und: hört die „Ethik“ beim Wald auf?

Was ich Alexander Mohr einfach mitgeben möchte: Man kann moderne Techniken wie Drohnen ohne Zweifel sehr sinnvoll einsetzen und die Jagd dadurch unterstützen, so wie das auch bei ihm selbst immer wieder propagiert wird. Man kann damit auch effizienter jagen, um angepasste Schalenwildbestände zu erreichen und so den unumgänglichen Waldumbau zu stützen. Dafür muss man sich im Zeitalter der Klimakrise nicht rechtfertigen oder gar entschuldigen.

 

Dr. Wolfgang Kornder  

(Bundesvorsitzender des ÖJVs)

 

Eingestellt 241003

© Dr. W. Kornder  

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